Edition Cyberculture Studies

Buchreihe im VERLAG ANDREAS MASCHA



Editorial zur Edition Cyberculture Studies:

Da die kulturwissenschaftlichen Beiträge (Cultural Studies) zur Cyberkultur ursprünglich und quantitativ vor allem aus Amerika kamen und kommen und sich für diese immer noch in Entstehung befindliche Forschungsrichtung der englische Name etabliert hat, haben wir unsere Publikationsreihe mit Cyberculture Studies überschrieben.
David Silver, der
Media Studies an der Universität von San Francisco lehrt und der von 1996 – 2009 das Resource Center for Cyberculture Studies (RCCS) leitete, differenzierte nach den ersten beiden Forschergenerationen der Cyberculture Studies seit den Ende 90ern eine „dritte Generation“, die er „Critical Cyberculture Studies“ nannte und die „das Feld nicht mehr nur auf bloße virtuelle Gemeinschaften und Online-Identitäten beschränken.“ Das Forschungsfeld wurde seither auch um soziale, kulturelle, ökonomische und politische Dimensionen und Intersektionen erweitert. Doch die Perspektivenerweiterungen der nächsten Generation(en) entwickelte und entwickelt sich beschleunigend weiter. So sind immer mehr neue Forschungsfelder und -perspektiven dazugekommen, wie z.B. religionswissenschaftliche, ethnologische, ethnomedizinische, etc. und die Zukunft liegt eindeutig in den auch höhen- und tiefenanthropologisch fundierten Integral Cyberculture Studies.
Die Kernfrage, der diese Studienreihe nachgehen möchte, lautet: Was sind die wichtigen Wesenszüge der sich rasant entwickelnden Cyberkultur – einer kybernetisch evolvierenden, telematisch vernetzten und kosmopolitisch sich einenden Menschheitskultur im heutigen 21. Jahrhundert? Wenn die
Cyberculture Studies vor allem hypermoderne kulturelle Selbstreflexionen darstellen, wird dieser Prozess der diesbezüglichen Perspektivenerweiterungen mit den regelrechten Wissensexplosionen in so vielen Teildisziplinen immer weiter fortschreiten. Diesem Prozess der – auch unkonventionellen – Selbstbeobachtung der Cybergeneration ist diese Publikationsreihe gewidmet. Hier sollen interessante und innovative neue Positionen der Cyberkultur vorgestellt und dabei ggf. auch neue ästhetische Wege der Vermittlung beschritten werden.
Der Edition Cyberculture Studies liegt ein weites und letztlich integrales Kulturverständnis zugrunde, sowie ein „Cyber“-Begriff, der neben der informationstechnischen Konnotation auch stark das Kybernetische (in evolutionären Prozessen) mit meint. Somit schießt der Signifikant „Cyber“ einerseits an die alte antike Steuermannskunst (vom griechischen kybernetike) an, von der auch schon Platon sprach und die ganz allgemein das bewusste Steuern von Prozessen im Hinblick auf das Erreichen eines Telos, eines Ziels bzw. Sollwerts bedeutet. Anderseits weckt das Präfix „Cyber-“ im heutigen 21. Jahrhundert klar computer-, internet- und netzwerk-bezogene Assoziationen und ist gerade durch den sich immer weiter beschleunigenden Prozess der digitalen Revolution hypermodern. In diesem weiten Begriffsverständnis und Spannungsfeld bewegen sich die Cyberculture Studies: zwischen kybernetischer Anthropologie und Cyberspace-Forschung – zwischen intelligenter Navigations- und Steuerungskompetenz und virtuellem Reality-Design.



Band 1: Boris N. Hiesserer: ECCE PANIS ANGELORUM – DAS BROT DER ENGEL
Heilige Technologien Visionärer Kultur

Das Buch ECCE PANIS ANGELORUM des Herausgebers, Autors, Medienkünstlers und -Schamanen Boris N. Hiesserer eröffnet diese neue Reihe mit einem außergewöhnlichen Forschungsdokument zur Kulturgeschichte der Psychedelik im allgemeinen und des Mutterkorns im besonderen. Das Werk unter die Überschrift „Cyberkultur und Drogengebrauch“ zu stellen, würde sicherlich in vielfacher Hinsicht zu kurz greifen, geht es Hiesserer doch vor allem um eine Sicht auf psychoaktive Substanzen als Psychedelika und Entheogene. So wird gerade durch seine Studie deutlich, dass ein undifferenzierter Drogenbegriff mehr verschleiert als zur Klärung von realen Zusammenhängen hilft. Das Buch ist trotz seines Fokus auf die psychoaktiven Substanz des Mutterkorns, aus dem Albert Hofmann 1943 sein „Sorgenkind“ und potenzielles „Wunderkind“ LSD synthetisierte, vor allem ein Beitrag zur psychedelischen Bewusstseinsforschung. Veränderte Bewusstseinszustände (VBZ) sind, wie die moderne Ethnologie gezeigt hat, über Jahrtausende und kulturelle Grenzen hinweg wichtiger Teil der Menschheitskultur und könnten sogar ein wesentlicher Faktor in der Evolutionsgeschichte des Menschen sein. Die Zugänge zu psychedelischen, d.h. die Seele offenbarenden Erfahrungen in außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen, sind zumeist stark rituell kodifiziert, kontextualisiert und kulturell vielfältig. So werden mögliche Trance-, Ekstase- oder Flow-Erfahrungen z.B. durch rituelles Tanzen, Musizieren, Meditieren, Fasten aber auch durch die Einnahme psychoaktive Substanzen, wie Pilze, Kakteen anderer botanischer Schätze der Natur, eröffnet. Die Psychedelik ist somit die Erfahrungswissenschaft veränderter Bewusstseinszustände (VBZ oder ASC für Altered States fo Consciousness) und neben den Zugangsmethoden, sowie dem ethno-neuro-psycho-pharmakologischem Grundlagenwissen, geht es hierbei auch ganz zentral um die Erfahrungs- und Prozesskompetenz – die Psychonautik, d.h. die subjektive Fähigkeit mit diesen außergewöhnlichen Zuständen sinnvoll, d.h. entwicklungsfördernd, lebensbereichernd, alltagsintegrativ, ja sogar heilbringend umzugehen. Abgesehen von den vielen interkulturellen Zeugnissen diesbezüglicher schamanischer Heilarbeit hat auch die ‚westliche’, naturwissenschaftlich orientierte Medizin die Heilungspotenziale veränderter Bewusstseinszustände zum Teil schon erkannt. So sprach z.B. der deutsche Psychiater, Begründer der Psycholytischen Psychotherapie und Gründer des Europäischen Collegiums für Bewusstseinsforschung (ECBS) Hanscarl Leuner (1919 - 1996) von einer „Heilung durch Religion“ bzw. mystisches Erleben, die – im richtigen set und settingdurch den bewussten Einsatz von Psychedelika wie LSD (vgl. Leuner: Halluzinogene. Psychische Grenzzustände in Forschung und Psychotherapie, Bern 1981) nachhaltig gefördert werden kann. Der chilenisch us-amerikanische Mediziner und Psychiater Claudio Naranjo lieferte in seinem Werk Reise zum Ich – Psychotherapie mit heilenden Drogen (Fischer, Frankfurt a.M. 1979; speziell im herausragenden ersten Kapitel „Alptraum und Ekstase als heilende Kräfte“) eine sehr wertvolle Analyse der Risiken und Potenziale der Psychedelischen Psychotherapie für einen umfassenden Heilprozess im Sinne einer „(Helden-)Reise der Seele“.
Psychotrope Substanzen (Psychotropika) haben sowohl große Licht- als auch potenzielle Schattenseiten und wie Aldous Huxley auch aus eigenen Erfahrungen beschrieb, ist das mögliche Spektrum der so geöffneten Pforten der Wahrnehmung weit und reicht zwischen „Himmel und Hölle“. Bei Psychedelika handelt es sich also um sehr potente und potenzialreiche aber nicht ungefährliche Substanzen, deren positive, entwicklungsförderliche Nutzung fundiertes Wissen, praktisches Knowhow und gute Vorbereitung bedarf. Die Bandbreite der Erfahrungsqualitäten reicht von der „angstvollen Ichauflösung“ (Adolf Dittrich) und bei prädisponierten Personen sogar möglichen substanzinduzierten Psychosen bis hin zur mystischen Einheitserfahrung, transpersonalen Schaulogik und experimentellen Theologie (vgl. z.B. das berühmte „Karfreitagsexperiment“ von Walter Pahnke 1962). In diesem Zusammenhang sei nur kurz darauf hingewiesen, dass der Theologe und Religionswissenschaftler Rudolf Otto (1869 - 1937) das Wesen des Göttlichen in seinem Werk
Das Heilige sowohl als „Mysterium tremendum“ (Furcht auslösendes Geheimnis) als auch als „Mysterium fascinosum“ (Entzücken auslösendes Geheimnis) bestimmt hat. Sowohl für das Numinose als auch für die psychedelische Erfahrung gilt beides zugleich: tremendum et fascinans!
Wenn hier von „Heiligen Technologien“ (Mircea Eliade), „Technologien des Heiligen“ (Stanislav Grof) oder „sakraler Droge“ (Albert Hofmann) die Rede ist, ist eben diese spirituelle Dimension gemeint, die natürlich auch einen sakralen Rahmen (
set & setting) mit einschließt.
Für Eingeweihte des indischen
Tantrayana und tantrischen Yoga ist diese Doppelgesichtigkeit nichts neues. Im Tantrismus werden schon seit alters her spirituell unorthodoxe Praktiken wie z.B. ritueller Geschlechtsverkehr und der Gebrauch von Substanzen wie z.B. soma für den Yoga, d.h. die Einung, mit dem Göttlichen verwendet, die jedoch auf der Ebene des Sutrayana als gefährlich und sogar verderblich abgelehnt werden. Spätestens seit Friedrich Nietzsche wissen wir mit Rückblick auf die alten Griechen, dass es nicht nur den apollinischen Weg zum Göttlichen gibt, sondern auch eine Weisheit des Dionysischen.
Diese Studie möchte explizit nicht zum Konsum und Missbrauch von Drogen anleiten oder anregen, sondern Impulse für einen differenzierteren Diskurs zum Spezialgebiet der Psychedelik geben. Die Psychedelik ist ein spezifischer Aspekt und eigener Forschungszweig einer Integralen Bewusstseinsforschung und einer Cyberkultur des 21. Jahrhunderts, die mehr und mehr mit ständig neuen Technologien und immer weiterentwickelteren neuro- und psychotropen Substanzen – Stichwort: Neuro-Enhancement – konfrontiert wird. Schon deshalb wird man um eine zeitgemäß sachliche, neuropsychopharmakologisch fundierte Differenzierung der verschiedenen Substanzen und ihrer potenziellen Gefahren und Nutzen nicht herum kommen. So plädiert beispielsweise der renommierte Neurophilosoph und -ethiker Thomas Metzinger neben der Forderung nach einer „neuartigen Bewusstseinskultur“, wie z.B. Meditationsunterricht an Schulen, auch für die „Einführung eines (allerdings nicht leicht zu bestehenden) LSD-Führerscheins“. Die interdisziplinären Diskussionen darüber werden weiter an Dynamik gewinnen und überhaupt ist in den letzten Jahren eine „Renaissance des Psychedelischen“ zu beobachten, wie z.B. Paul-Philipp Hanske und Benedikt Sarreiter in ihre Studie Neues von der anderen Seite. Die Wiederentdeckung des Psychedelischen (Suhrkamp, Berlin 2015) klar herausgearbeitet haben und wie auch der große Erfolg von Michael Pollan's Buch „How to Change your Mind“ (laut der New York Times eines der 10 besten Bücher des Jahres 2018) zeigt.
Inspiriert durch seine Gespräche mit dem kanadischen Medienphilosophen Marshall McLuhan hat Timothy Leary selbst die Losung für die Zukunftsrichtung der Psychedelik ausgegeben: „From Psychedelics to Cybernetics“ und so schließt sich hier auch wieder der Kreis zwischen psychedelischer und Cyberculture-Forschung.
Boris Hiesserers unkonventionelles Forschungsdokument zur Kulturgeschichte der Psychedelik und des Mutterkorns ist ein teilweise provokativer, aber auch erfrischend visionär-innovativer und Denkgrenzen sprengender Ansatz und ein bewusstseinsknalliger Impuls für den weiteren cyberkulturellen Dialog…



Edition Cyberculture Studies Band 1:



Boris Hiesserer:
ECCE PANIS ANGELORUM – DAS BROT DER ENGEL
Heilige Technologien Visionärer Kultur



ISBN: 978-3-924404-47-5, 349 Seiten, 25,- EUR
Bestellung ab September:Verlag@AndreasMascha.de



Buchpräsentation und Future Talk mit Boris N. Hiesserer am Abend des 23.9.2016 in München:

=> Einführung von Andreas Mascha: Cyberkultur, Psychedelik, Bewusstseinsforschung

=> Lesung von Boris Hiesserer: Der Bio-Computer und die lebendige Bibliothek (Kapitel 9) mit anschließendem Gespräch

=> Hans Cousto und Akasha Project zur Quantenmusik des LSD-25-Moleküls

=> Konzert von Akasha Project am 23.9.2016 im Lachdach-Pling, München


Weitere Infos unter: www.enlightainment.de/FutureTalks3.html






VERLAG ANDREAS MASCHA
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