Nornen, Moiren, Parzen, Dornen, Feen - Die Töchter der Göttin & die Gabe des Gesichts

Weibliche Gottheiten spielten von jeher eine äußerst wichtige Rolle. Eine der dunklen Göttinnen hieß Morgan und den Kelten im Westen Englands galt sie als Heilerin. Die Kelten Irlands nannten sie Morrigane, die gefürchtete Göttin Krieges und des Windes. Dem Glauben nach konnte sie sich in Schwärme schwarzer Vögel (Krähen oder auch Raben) verwandeln (wie Madonna in ihrem Video Frozen). Die alten Kulturen hatten viele Begriffe für die Frauen, die uns als Bindeglied zu den dunklen Göttern, durch die Anderswelt bzw. in den Tod geleiteten. Das Motiv dieser Schicksalsfrauen kann auf die Urmutter-Hexe zurückgeführt werden, die wie Frau-Holle in sich selbst die Doppelgestalt des Schicksals verkörpert.

Im Niebelungen-Mythos ist das einzige Zugeständnis an die übernatürliche Herkunft der Walpurga, dass sie, außerhalb der zivilisierten Welt, in Island lebt und Ring und Gürtel besitzt – im Wissenskreis der Frauen ein Symbol für Liebeszauber. Auch das von einem Dornenhag umringte Schloss hat eine lange Tradition. Bereits Mitte des 13. Jh. wird im Seifrid de Ardemont der Berg, auf dem die königliche Mundirosa weilt, von einem Dornenhag geschützt. Seifrid befreit die Jungfrau ähnlich wie im Seyfriedslied, indem er mit Hilfe eines Zwergen einen Riesen erlegt. Mit dieser Erzählung liegt eine sehr frühe Mischform des Dornröschen Märchens und der Siegfriedsagen vor.

Der Dornen-Hag war der heilige Bezirk, innerhalb dessen das Leben in Ruhe der kommenden Verwandlung entgegenreift. Er fungierte als eine Abgrenzung (ein Wall), gegen störende Einflüsse auf den“ Wissenskreis der Frau“ als Hüterin und Bewahrerin, als Seherin und Schicksalslenkerin.
Die schicksalskundigen Dornen treten auch beim offiziellen Vorläufer von Dornröschen, nämlich bei Charles Perraults: Die schlafende Schöne im Walde auf. Die barocke Form besitzt nur sieben Feen, ist wesentlich ausgeschmückter und dennoch in den maßgebenden Teilen deckungsgleich.

Ein „Schlaf-Dorn von Göttervater Odin“ (Dorn hier verstanden als Schicksalszauber), den die Frauengestalt Walküre ins Haupt gesenkt bekam, versetzt sie in einen langjährigen Schlaf, auf einem hohen Berg, der in Wagners Götterdämmerung von einem Flammenkranz, der Waberlohe, umgeben ist. Und auch Nornen treten am Walkürenfelsen auf. „Norna“ heißt auf Schwedisch „leise warnen“ Nornen sind in der germanischen Vorstellungswelt hagere, bleiche Schicksalsgöttinnen. Sie sitzen an der Wurzel der Weltesche und spinnen das Schicksal der Welt. Sind sie Töchter der Erda, einer urweisen Göttin und Hüterin des Zugangs zu „Tod“ und „Unterwelt“.

„Urd“ heißt die Norne der Vergangenheit, „Werdandi“ die Norne der Gegenwart uns „Skuld“ die der Zukunft. Die Schicksalshüterinnen erscheinen bei der Geburt eines Kindes vielfach als Feen um des Kindes Schicksal zu bestimmen und es zu begaben. Sie waren nichts anderes als die altgermanischen Nornen oder griechischen Moiren oder slavisch Wilen, die das Schicksal des Menschen weben und schon bei der Geburt die schwarzen und die heiteren Lose, das gute und das böse Schicksal überschauen, es offensichtlich in Händen halten und zuteilen.

Bei den Griechen hießen die Schicksalsgöttinnen „Moiren“. Aus ihnen entstanden bei den Römern die Fata scribunda, auch „Parzen“ genannt, die das Schicksal neugeborener Kinder aufschrieben. In diesem Zusammenhang verweist ein 1971 in der Enzyklopädia Britannica erschienener Artikel auf eine interessante Entwicklung hin:

Als im gesprochenen Latein das Neurum verschwand, wurde die Pluralform von fata als feminines Singular angesehen, aus dem sich das italienische fata und auch das französische fèe ableitete. Die fata scribunda oder Parzen, befähigt den Willen der Götter zu erkunden, wurden in England zu Fairys und hierzulande zu Feen.

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