Die Thingstätte unter den Nationalsozialisten - Kunst als Mittel zu Propagandazwecken

Im dritten Reich beriefen sich extrem nationalsozialistische oder fremdenfeindliche Weltanschauungsprogramme auf eine (mehr konstruierte als historisch belegte) „germanische Mythologie“, um die behauptete Überlegenheit der „arischen Herrenrasse“ zu belegen. Für die ur-germanischen Vorfahren allerdings war Thing der Name für eine Versammlungsstätte. Zu großen gemeinsamen Feier- und Weihestunden, wurden hier die Folgenden (das Volk) und Abgesandte verschiedener Klans und Stämme zusammengeführt, sei es für den Ursprungsriten wie den germanischen Volksbrauch des Sonnenwendfestes oder aber um Orakel, Schaukämpfe, oder wichtige Besprechungen abzuhalten.

Nach Nationalsozialistischen altgermanischer Vorstellungen, entstand ab 1932 ein Thingstätte genanntes Freizeitareal auf Heidelbergs Heiligenberg.
Heute betrachten die meisten Heidelberger und ebenso seine Touristen diesen Ort (leider noch stets nur) als Kultstätte des Dritten Reichs, denn unter den Nationalsozialisten erfuhr Heidelbergs Heiligenberg die wohl einschneidendsten Veränderungen. Seinerzeit mit Absicht falsch gedeutet, gelang es dem Propaganda-Ministerium die Heimatkundler zu bedrängen und Darstellungen über Funde zu manipulieren. Nach der Entstellung der heidnischen Vorgeschichte des Heiligenbergs wurde auf seiner unteren Kuppe, von 1932 bis zur Eröffnung im Sommer 1935, vom Reichs-Arbeitsdienst (Hitler-Jugend und Bund Deutscher-Mädchen (binnen nur drei Jahren) eine monumentale Freizeitanlage errichtet. Durch die Eingliederung in die umgebende Landschaft, schufen Architekten (arche = archaisch, tekt = Takt) eine überfließende, innige Verbindung zwischen Versammlungsraum und Natur.

Wie in den ersten zwölf anderen (der 66 geplanten) Thingstätten im „Neuen Deutschland“, formierten sich auch auf der Heidelberger Thingstätte paramilitärisch anmutende propagandistische Thingspiele unter den Nationalsozialisten. Fünf Monate darauf jedoch, verbot es das Propagandaministerium die „unklaren, mystischen“ Begriffe wie Thing, Kult und kultisch mit den Nazis in Verbindung zu setzen. Fortan verwendete man für die selben Inhalte Begriffe wie Werk, Ereignis und nannte den Thingplatz jetzt Feierstätte-Heiligenberg.



Aufgrund von Aufführungen, die sich in der Darstellung politischer Gegensätze beschränkten - und der Entwicklung neuer, erfolgsversprechender technologischer Propagandamittel wie Film und Rundfunk, mit denen man nun die überwiegend Jugendlichen Thingspiel-Besucher und Volk erreichen konnte - endete die sogenannte Thingbewegung bereits im Jahr 1937.

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