Der Symbolkreis des Mannes - vom solaren Heros der Göttin zum Drachentöter

„Da kommt der Drachentöter, der gehörnte Held, der Herr der Nibelungen und des Hortes,
der vom Golde blinkt. Schaut Kinder, wie er lacht und winkt! „

Hans Sachs

Auch wenn die Rolle des Vaters vielleicht noch lange im Dunkeln blieb, vermochten die Menschen der Steinzeit sehr wohl ihre Mütter zu bestimmen, sowie Geschlechter und ihre Eigenheiten zu unterscheiden. Der Heros oder Mann, mit seinem sich hebenden Phallus, dürfte zuerst mit Sonne, Himmel und Bäumen gleichgesetzt worden sein. Sein Pfeile flogen wie Vögel und konnten wie der „Blitz“ den plötzliche Tod bringen. Magische Gegenstände wie Vogelfedern, Pfeilspitzen, Zweige, Nadelbaumzapfen und Stäbe und Stangen kennzeichneten also den Symbolbereich der Männer.

Eines der ursprünglichsten Erlebnisse der
Menschheitsgeschichte, ist das dualer Strukturen (Tag und Nacht, kalt und warm). Von hier aus konnte der Mensch abstrakte Symbol-Analogien entwerfen. Die Weiterentwicklung dieser Fähigkeit dürfte das Ende des Mythos der Grossen Göttin gewesen sein. Einer Göttin, die sich als Androgyn mittels einer Schlange selbst befruchtet, um das Welten-Ei zu gebären. Im Neolithikum verlagert sich ihr Symbolbereich auf Wasser und Erde, während der Heros die himmlischen und lichtvollen Aspekte übertragen bekommt. Mit dem Einsetzen des Sonnenkultes, endet die bis dahin andauernde, zeitlose androgyne Einheit von Mann und Frau.

Das menschliche Bewusstsein hatte begonnen Trennung und Gegensätze schärfer wahrzunehmen – wenn auch im durchdringenden Sinne von Ying und Yang verstanden. Das Matriarchat der Göttin, sesshaft gewordener Viehzüchter und Bauern, war gleichzeitig die Hochphase sich entwickelnder Männer-(Geheim)Bünde, die Freiräume und später die Herrschaft zu errichten suchten. In dieser Phase erlangt die Göttin ein reicheres Symbol-Inventar aus Blitzen, Wasserwellen und Spiralen. Ihr Untergang und die Entrechtung der Frau an sich beginnt erst um das Jahr 4000 v. u. Z., als nach der These Maria Gimbutas patriarchalische indo-europäische Kriegerstämme vom schwarzen Meer und den östlichen Steppen her in Europa einwandern und begannen, mit ihren phallischen, Blitze schleudernden Sonnengöttern, die Religion der Steinzeitlichen Göttin auszurotten.

Mit zunehmender Polarisierung der Geschlechterauffassung verliert die allumfassende Göttin ihre himmlischen, lichten Aspekte an ihren jüngeren Sohn-Geliebten, der Machtbereich des Heros weitet sich aus. Das Weibliche ward immer weiter in den Bereich des Drachens, in die Dunkelheit und Unterwelt verbannt. Die Göttin verkam zur teuflischen Kraft und zur Gegenspielerin Gottes. Nur noch die Mythen berichten, dass verschiedene Göttinnen ursprünglich aus einer lichten, hellen Göttin entstammen und erzählen die Geschichte vom „Sturz der Göttin durch ihren Heros oder besser noch ihren jüngeren Sohn-Geliebten“.

Da diese noch jungen Götter ursprünglich nur unbedeutende Wetterheroen waren und die Kräfte der Mondin nicht per se in sich trugen, tendierten sie dazu sich an „Soma“ genannten Tränken aus „Zauberkesseln“ zu berauschen. So bildete der psychedelische Schamanismus zwar eine funktionelle Technik, um Zugang zu den (ursprünglich weiblichen) Quellen der Weisheit (wieder) zu erlangen, andererseits verdrängten die Rituale mit (Elixieren aus dem Kupferkessel) die Balance der Kräfte der Heiligen Hochzeit von Mann und Frau, Mensch und Pflanze, Leben und Tod, Innen und Außen, Formlosigkeit und Form. Die Große Göttin und ihre Priesterin verlor an Einfluss, schien als Hüterin der Weisheit bald überflüssig und unbedeutend, sodass ihr tiefes Wissen missachtet wurde.

Schon bald darauf wird Heraklit behaupten:
„Der Krieg ist der Vater aller Dinge.“

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