Dornröschen eine Walküre ? - Brunhild im Hag der Dornen !

So deutlich die Parallelen des Märchens zur Sage sind, so problematisch ist aber auch die Gleichung Brunhild = Dornröschen, da es nicht geklärt ist, inwieweit die Brüder Grimm das Dornröschen Märchen bewusst an die nordische Tradition angeglichen haben. Deshalb lasst uns an dieser Stelle, die älteren Märchenversionen des Typs schlafende Schönheit heranziehen.

Aus dem 14. Jh. stammt der altfranzösische Perceforest. Es ist die Geschichte der schönen Celandine, die sich, wie es ihr von einer „Göttin“ im Zorn prophezeit wird, beim ersten Spinnen eine Flachsfaser in den Finger zieht, worauf sie in einen tiefen Zauberschlaf fällt. Der Ritter, der sich um sie bemüht, trägt den Namen Troilus (!). Der Name des Befreiers ist in unserem Zusammenhang äußerst aufschlussreich, er belegt die Nähe dieses Märchentypus zu den Trojaspielen Hier fehlt zwar der Dornenhag, dennoch wurde dieses Element nicht von den Grimms erfunden, zumal sie sich selbst einige Mühe gaben bei dessen Interpretation.

In der Siegfriedsage gab es die Kriemhilde nicht, vielleicht wurde sie vom Dichter oder seinen Vorgängern schon eingeführt, um der bedrohlichen, selbstständigen Brunhilde (als Lillith) eine ritterlich-höfische Frau (gleich Eva), ganz dem Ehemann ergeben gegenüberzustellen. Dafür dass Kriemhilde und Brünhilde ursprünglich eins waren, spricht übrigens auch das Rosengartenlied. Es schildert, wie Kriemhilde zwölf Recken um ihren Rosengarten kämpfen lässt, der eigentlich der Brünhilde zuzuordnen ist, da er ja nicht nur in Märchen bekannt ist, sondern auch in antiken Mythen.

Wir sollten jedoch keinesfalls allein die „negative“ Seite dieser schicksalhaften Abtrennung vom Leben, dieses Gefangengehaltenwerdens, dieser durch den Eingriff der Widermacht hervorgerufenen Lebensstockung sehen. Vielmehr symbolisiert es den Wissenskreis der weisen Frau. Der Dornenhag hat die Funktion mütterlich-umhegender und schützender Umhüllung. Denn es entspricht einem allgemeinen Naturvorgang, dass überall wo das Leben einen entscheidenden Schritt in eine neue Entwicklungsstufe hinein vorbereitet, das Leben zunächst innehält. Es hält inne, um tief Atem zu holen und eine Abgrenzung nach außen unter gleichzeitiger Konzentration aller Kräfte nach innen zu vollziehen.

Der Puppenzustand des werdenden Schmetterlings, der Winterschlaf der Tiere, die winterliche Umhüllung der werdenden Knospe, die Einbettung des noch schlafenden Samenkorns in den Mutterschoß der Erde, die Ruhelage des Embryo im Mutterleib sind hierfür Sinnbilder. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass der Ausdruck Germanen (english Germans für Deutsche) vom lateinischen Germinare abgeleitet wurde, was soviel heißt wie: “der dem Samen gleich - in der Erde ruhende (beheimatete) und aus der Erde heraus geborene“. So bietet selbst unser Volksname einen Verweis auf die Ursprungsrituale und Ur-Kulte der alten Religion wie der Walpurgis-Ritus.

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