Riten für zukünftige Mythen

RITUAL TECHNOLOGIE ZUR SELSTWANDLUNG

 

Von Antero Alli

Die Erde ist eine allumfassende, intelligente und mitfühlende Lebensform, die sich entschieden hat, als dieser Planet. Von einer „geomantischen“, oder erd-bezogenen Perspektive, entwickeln wir uns, als Individuen und Kulturen, nicht ohne die Erde. Es ist eher wahrscheinlich, dass die Erde uns entwickelt. Die wahrnehmbaren Interaktionen zwischen Geographie und Genen, der Erde und ihren (Tier-)Menschen, formt die Basis für Rituale, die für den Fortbestand der kulturellen Traditionen verantwortlich sind. So konnten zum Beispiel die zurückgezogenen, isolierten Höhen der Tibetischen Kultur, nur im Schoß des Himmalayas entstehen, so wie die Tradition der Yaqui Indianer die erdene Magie der Mexikanischen Sonora Wüste in sich trägt. In diesem Sinne sind Kulturen geologisch geformte Einheiten, die durch die topographische (klimatische- und landschaftliche) Örtlichkeit ihres Lebensraumes bestimmt werden.

Nah am Ursprung einer Kultur, entstehen „ursprungs-rituale“ als individuelle menschliche Reaktion auf die planetare Lebensform. Wenn diese mit anderen geteilt werden, formt sich ein Kollektiv (ein Gruppenbewusstsein).

Durch die innewohnende Wechselwirkung zwischen dem Planeten und Ihren Menschen, neigen Menschen dazu, eine hoch ritualisierte Spezies zu sein. Zudem bergen sie in ihren zellularen Erinnerungen alles, was sie darüber wissen müssen, wie ein Ritual funktioniert.
Wir wollen nun erforschen, das in unserem Instinkt eine allgemeine Ritual-Technologie lebendig begraben liegt, dort eingebettet bis dass es von der Erde befreit, kultiviert und als zeremoniales know-how zum Funktionieren gebracht wird. Es ist allgemein(gültig), weil es niemandem und jedermann gehört und es blieb unbehindert und frei von religiösem Dogma, aufgezwungenen Glaubensrichtungen und Markenprodukt-Philosophien. Sein Sinn und Zweck ist die Erweckung und das Ausleben unseres eigenen Glaubens und unserer eigenen Vision und Mythen.


Instinktuelle Techniken

Wenn erst einmal einige instinktive Funktionen zum Ausdruck kommen und veredelt werden, dienen uns diese als „Zeremonial-Verstärker“ (Enhancer), um die Integrität jeglichen Rituals zu bekräftigen, egal welche Kultur oder Religion dem Ritual zugrunde liegt. Eine dieser Funktionen ist in dem zentralen Kern unseres Gehirns enthalten, den der Gehirnforscher David McLean den R-Komplex (nach unserer reptilischen Abstammung) betitelte. Es steht in engem Bezug zur Wahl der Heimat-Gegend, da es festlegt, wie wir einen bestimmten Ort ausfindig machen, der uns Unterschlupf bietet, an dem wir ein Lager errichten und/oder Wurzeln schlagen.

Warum wohnen wir da wo wir gerade wohnen und leben? Bald wird es in Europa wie in Amerika unzählige ökonomische und sozio-politische „Gründe“, um umzuziehen und ein neues „zu hause“ zu suchen. Doch... was wäre, wenn wir „ökonomisch nicht-ansässig“ wären (die Möglichkeit überall Geld zu verdienen hätten) und sozial beweglich genug wären, um dort zu leben, wohin uns unser Instinkt lenkt??? Vielleicht würden wir bleiben wo wir sind, vielleicht aber auch nicht...

Der Heimatsgegend-Instinkt bietet uns ein grundliegendes Ritual-Werkzeug, insofern, als das es uns die Aufgabe vermittelt einen geeignete Umgebung zu finden, um eine heilige Zeremonie durchzuführen. Jeder Platz und jedes Ritual hat seine distinktive Intention ... in anderen Worten: bestimmte Riten für bestimmte Örtlichkeiten. Indem wir unsere rituelle Intention auf die „energetische Funktion„ eines bestimmten Ortes, einer bestimmten Gegend oder Region einstimmen, können wir ihren Ressourcen dienen und/oder sie nutzen. Rituale die nach Ver- oder Geborgenheit verlangen, passen besser in eine Schlucht oder Höhle oder einen dichten Wald. Zeremonien, die nach der Kommunikation mit dem Geist oder der großen Leere rufen, sind wohl am wirksamsten in weiten, unbegrenzten Gegenden wie Wüsten oder Berggipfeln.

Das zusammenführen von rituellen Absichten mit geografischen entwickelt über die Zeit hinweg das Ursprungs-Ritual der Geomantie, oder Erd-Hellseherei.... in der wir erlernen unsere Körper als die natürliche „Stimmgabel“, die wir bereits sind zu nutzen. Jede Landschaft neigt dazu, seine inneren Kraftzentren zum Ausdruck zu bringen., an denen sich Flüsse teilen oder Bäume und Felsen ansammeln, als seien sie dort zusammengetragen. Diese Zentren umgebend befinden sich viele natürliche Peripherien, markiert durch Täler, Bäume, Flüsse und andere offensichtliche Grenzmarksteine. Manchmal ist die einfache Frage: „So, wo das Camp aufbauen?“ genug, um uns zu helfen, die uns innewohnenden intuitiven Sensoren für ursprünglichen Gründe der Wahl eines Zeremonial Bereichs, seines Zentrums und seiner Randbereiche anzuschalten, um eine Aufstellung (von Lager-Camp oder Ritual) zuwege zu leiten, die das umliegende Land ehrt.

Nachdem eine Zeremonial Ortschaft ausgewählt ist, kann unser territorialer Instinkt zu Werk gehen, in der Art und Weise, dass dieser Ort für die Zeit des angestrebten Rituals wirklich uns persönlich gehört. Alle Tiere, die menschlichen höheren Tiere eingeschlossen, haben ihre typischen Ausdrucksformen für das Herumstolzieren und das Beanspruchen von Territorien. Indem wir die Grenzen und das Zentrum des ausgesuchten Ritual-Ortes wahrnehmen (bzw. voraussetzen und anerkennen), lernen wir bewusst seinen Raum zu bestimmen, zu schützen und so abzugrenzen wie es für den ungestörten Fokus während der zeitweiligen Besetzung des Kraft-Ortes notwendig ist. Es kann ein Altar in seinem Zentrum und den vier Himmelsrichtungen geschaffen werden, ein zusätzliches Konstrukt, um seine natürlichen Grenzen hervorzuheben. Zudem unterstützt dies meist, durch das Gefühl einer schutzvollen Umhüllung, die Fähigkeit des in sich Ruhens und minimiert ebenso die Zerstreuung, die das Ritual-Design in der weiten, atemberaubenden Schönheit der Wildnis schnell aufkommen lässt.

Ein anderes in uns ruhendes rituelles Können finden wir in unserem anerzogenen Vermögen, ein Haus in ein Heim umzugestalten. Dieser anerzogene Instinkt ist beim errichten eines Schutzraums hilfreich, einen Raum der genügend Sicherheit bietet und einlädt, das aufrechterhalten des Selbstbildnisses zu stoppen und die Masken abzulegen. Die in Erscheinung tretende Offenheit und Verletzlichkeit in uns ist es, aus der heraus effektive Rituale entstehen. Es ähnelt dem Gefühl das manche von uns haben, wenn wir heimkehren zu unserer Familie oder jemandem der uns ohne Vorbehalte akzeptiert und liebt. Wenn wir diesen Instinkt im rituellen Kontext anwenden, wandelt dieser Ur-Instinkt sich um zur heiligen Tat, den Kraft-Ort zu weihen ... ihn aus geistiger Absicht heraus zu segnen. Jeder hat seinen eigenen Weg oder Stil, diesen grundliegenden instinktiven Wiederhall, zum Ausdruck zu bringen, die im Gegenzug die dafür Basis liefern, auf der wir unsere eigenen Rituale erschaffen - um unsere Zukunfts-Mythen zu erwecken und auszuleben.

Zukunfts-Mythen / Der Neue Mythos

Zukunfts-Mythen treten in Erscheinung, als eine Reaktion auf zukünftige Erinnerungen... die vorhersehbare Wahrnehmung, dass ein Teil/Aspekt von uns sich längst schon verwirklicht hat und es unser Restselbst auf unser unausweichliches Schicksal zu geleitet. Dies suggeriert eine alternative Zeitlinie oder parallele Zeitebene, was unserer heutigen westlichen, Zeitauffassung entgegensteht und wiederspricht.
Traditionell gesprochen bewegt sich Zeit von der Vergangenheit in die Zukunft. Nach Auffassung der australischen Ureinwohner läuft Zeit aber auch von der Zukunft in die Vergangenheit. Wenn das der Fall ist, so sind wir im gegenwärtigen Moment nur Randerscheinungen des Zentrums dessen, was wir in Zukunft sein werden. Wir sind schon geschehen ... vollkommen.

Zukunfts-Rituale im Gegenzug aktivieren unsere zukünftigen Erinnerungen indem sie jedem Individuum helfen, seine eigen Identität, sein Schicksal und seine dynamische Aufgabe wie seinen Platz im Kosmos zu enthüllen, zu schmieden und zu realisieren. Das ausleben unserer zukünftigen Mythen, lässt uns in unser Element zurückschnappen. (Wer weiß nicht, wie es ist in seinem Element zu sein und/oder zu wenn jemand anderes sich darin befindet?) Es geht einher mit Selbsterinnerung und einem Gefühl des auf der Hut oder des synchronisiert seins.... sich verwurzelt und in sich ruhend fühlen, derweil man die Äste zu anderen ausstreckt. Ein Weg herauszufinden, dass wir uns unseren Zukunfts-Mythen nähern, ist durch die auffällige Häufung von Synchronizität ... womit die Erde ihren Sinn für Humor zum Ausdruck bringt.

Wenn wir uns einstimmen oder synchronisieren rufen wir einen allmächtigen Untertanne im Kosmos hervor: Zen. Wir sind im Tao. Auf diesen höheren Ebenen der Funktion oder Gnade wird Synchronizität zur Norm, sowie eine hochentwickeltes Hilfsmittel, wo alle Entscheidungen und Wertungen für die persönliche Autonomie und Eigenart offen bleiben, mit der man eine gegebene Situation betritt. Australien Aborigenees beziehen sich auf diese Art höherer Realität als die Traumzeit and haben bestimmte traditionelle Rituale, als Antwort auf seine Effekte entwickelt. Denn die Synchronitität gewährt und garantiert gezielte landübergreifende Telepathie und astrales Reisen.

In der westlichen Welt haben wir uns entschieden diese Attribute für Telekom und AT&T eingetauscht, durch unsere enge Auffassung in Bezug auf andere Wege unseren Geist zu nutzen.... (lese Dascartes’ Meditationen oder Newtons Prinzipia).

Von einem westlichen historischen Standpunkt aus, wurde Ritual-Technologie nebst anderen Dingen von Kirche und Staat (mit Kreuz und Schwert) als Form von sozialer Kontrolle aufgefasst. Rituelles Wissen jedoch ist rituelle Macht und öfter galt es Macht über andere zu erlangen, anstelle andere zu ermächtigen. Wie dem auch sei. Indem die Menschen wachsen und lernen mehr Selbstbestimmung einzufordern, suchen sie auf natürliche Weise nach neuen Formen ihre erwachende Autonomie zum Ausdruck zu bringen.

Diese Ausdrucks-Formen und Plätze an denen sie praktiziert werden können sind entweder rar oder kaum existent, in den christlich religiösen Institutionen. Wenn sie vorhanden sind (siehe Thingstätte Walpurgisnacht heute) blieben politisch Verantwortliche bislang der gemeinsamen Intention gegenüber verschlossen. Im Zuge des Anwachsens von Quanten-Sprüngen in das 21. Jh. hinein, werden Menschen wieder nach kinetischen und psychologischen Strukturen Ausschau halten, die flexibel genug sind, die Unsicherheiten der Zeit zuzulassen. Dies scheint besonders ersichtlich in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo Menschen (im politischen Sinn) buchstäblich am freiesten sind und dennoch ständig nach mehr Befreiung trachten.

Die Rituale der Zukunft geben die Macht zurück in die Hände der Menschen und, indem sie das tut, katalysiert sie den Start einer generellen kulturellen Umwandlung. Es ist kein Bedarf mehr für eingetrichterte Religionen, wenn wir zur Quelle oder zu Geist oder Gott direkten Zugang haben. Wir können die vorgeschobene Hierarchie mittelalterlicher, männlicher Priester, Päpste und ja selbst Schamanen umgehen, sowie auf jegliche externe Autoritätsfigur verzichten – um Zeremonien zwischen Gleichen zu initiieren. Die Menschen suchen nach einer neuen Religion. Schliessen sich der Suche nach dem Baum des Lebens an, der die Früchte unserer eigenen Unsterblichkeit und Göttlichkeit trägt... eine Ritual-Technologie zur Selbstumwandlung.

Und wie die Mystiker es schon zuvor gesagt haben, es ist alles in Ordnung in unseren menschlichen Vorurteilen. In den unvergesslichen Worten des Meisterritualisten und Philosophen Georges I. Gurdieff: „ Wir sind keine Mensch-Wesen, die ein geistige Erfahrungen machen, sondern Geist-Wesen, die eine menschliche erfahren!“

Quelle / Autor: Antero Allie ist freier Autor in den USA und schrieb diesen Artikel für das Magazin Green Egg 1995 - Übersetzung für die Neue Energie Bewegung

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